DER SPIEGEL Nr. 41, 10.10.1962 bis 16.10.1962

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Titelstory: Bundeswehr Generalinspekteur Foertsch / SPIEGEL Affäre Anschlag auf die... mehr
DER SPIEGEL Nr. 41, Original historische Zeitung vom 10. Oktober 1962 bis 16. Oktober 1962

Titelstory: Bundeswehr Generalinspekteur Foertsch / SPIEGEL Affäre

Anschlag auf die Pressefreiheit

1962/63  endet die Ära Adenauer, und eine neue Phase der Demokratie begann.

Am 8. Oktober 1962 erschien der Spiegel mit einer Titelgeschichte, die sich mit dem Stand der Landesverteidigung befasste und zu dem Urteil gelangte, die Bundesrepublik sei nur “bedingt abwehrbereit”.

Der Autor Conrad Ahlers sagte über sein Werk selbstkritisch:” Eine mühsame Lektüre, nur für besonders interessierte Leser verdaulich”.

Besonders interessierte Leser fanden sich im Verteidigungsministerium und in der Bundesanwaltschaft. Bald lief eine Maschine an, deren eigentlicher Zweck es war, den Spiegel mundtot zu machen und wirtschaftlich zu ruinieren. Kanzler Konrad Adenauer gab die Begründung für den Akt der Willkür: “ Es handelt sich um einen Abgrund von Landesverrat in diesem Land”. Die Spiegel-Affäre löste ein Beben aus und veränderte die junge Bonner Republik. In Hamburg zogen tausende vor das Untersuchungsgefängnis, in dem Herausgeber Rudolf Augstein einsaß, und riefen im Chor: “Spiegel tot - Die Freiheit tot”. In vielen Städten demonstrierten Studenten wie Anwälte, Professoren wie Hausfrauen gegen Adenauer und den Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß. Im Bundestag lieferten sich Opposition und Regierung heftige Wortgefechte. Analogien gehen zum “Dritten Reich” flogen hin und her.

Die Spiegel Affäre entfaltete eine eigene Dynamik. Plötzlich stand sich die Republik der konservativen Alten, verkörpert im 86 jährigen Adenauer, und die Republik der Liberalen jungen,  symbolisiert im 39-Jährigen Augstein, gegenüber. Am Ende muss Franz Josef Strauß zurücktreten, auch Adenauer gerät in Not und konnte sich nur retten, indem er seinen Rücktritt auf 1963 festlegt. Damals war nicht nur der Anschlag auf die Pressefreiheit zurückgeschlagen Die verknöcherte Republik mit ihren autoritären Zügen lockerte sich auf. So  trug die Spiegel Affäre zur Demokratisierung der Republik bei.

Im Oktober 1962 war die Bundesrepublik 13 Jahre alt. Der Mauerbau lag 14 Monate zurück. Zeitgleich mit der Spiegel-Affäre tobte die Kubakrise. Damals kamen die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion näher an den Rand eines Atomkrieges als je zuvor und jemals danach. Jeder Konflikt zwischen Ost und West schlug sich im geteilten Deutschland nieder. Damals waren strategische Fragen der Landesverteidigung existenzielle Fragen des Überlebens. Die Titelgeschichte berichtet von einem Planspiel bei einem Nato-Manöver (“Fallex 62”), das von einem Atomkrieg in Mitteleuropa mit 15 Millionen Toten in Westdeutschland ausging. 

Strauss trieb die Aktion gegen den Spiegel mit Inbrunst voran.

Der Verteidigungsminister  und der Spiegel waren sich in Feindschaft verbunden. Dafür gab es einen sachlichen Grund: Strauss war der Auffassung, nur der Einsatz atomarer Waffen könnte die Republik vor Vernichtung retten. Augstein geht es dagegen wie John F Kennedy, der die NATO konventionell aufrüsten wollte, um einen Atomkrieg zu vermeiden. Für die Feindschaft gab es aber auch einen persönlichen Grund: Augstein hielt Strauss für gefährlich und wollte verhindern, dass der Bayer Nachfolger von Adenauer wird. Ironischerweise gab Strauß mit seinem Verhalten in der Spiegel-Affäre seinem Kontrahenten Augstein, der 103 Tage in Haft bleiben musste, umfassend recht. 



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